Erwerbsfähigkeit im Bürgergeld – Ratgeber

Erwerbsfähigkeit im Bürgergeld: Diese 7 entscheidenden Faktoren bestimmen Ihren Anspruch

Das Bürgergeld hat das alte Hartz-IV-System abgelöst, doch viele Menschen sind unsicher über ihre Berechtigung. Besonders die Frage der Erwerbsfähigkeit sorgt für Verwirrung. In diesem umfassenden Ratgeber erfahren Sie alles, was Sie über die Erwerbsfähigkeit im Bürgergeld wissen müssen – und wie diese über Ihre finanzielle Zukunft entscheidet.

Was bedeutet Erwerbsfähigkeit beim Bürgergeld?

Die Erwerbsfähigkeit ist der Schlüssel zu Ihrem Bürgergeld-Anspruch. Grundsätzlich gilt: Sie sind erwerbsfähig, wenn Sie nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich zu arbeiten.

Diese Definition mag simpel klingen, doch dahinter verbirgt sich ein komplexes System. Anders als bei der Rente, wo eine volle Erwerbsminderung vorliegen muss, reicht beim Bürgergeld bereits die Fähigkeit zur dreistündigen täglichen Arbeit aus.

Die 3-Stunden-Regel: Ihr Tor zum Bürgergeld

Die magische Grenze von drei Stunden täglich unterscheidet das Bürgergeld-System von anderen Sozialleistungen. Selbst wenn Sie nur drei Stunden arbeiten können, gelten Sie als erwerbsfähig und haben Anspruch auf Bürgergeld – vorausgesetzt, alle anderen Voraussetzungen sind erfüllt.

Häufig gestellte Fragen zur Erwerbsfähigkeit

1. Was bedeutet „absehbare Zeit“ bei der Erwerbsfähigkeit?

Als absehbare Zeit gilt ein Zeitraum von bis zu sechs Monaten. Das bedeutet: Auch wenn Sie aktuell nicht arbeiten können, aber innerhalb der nächsten sechs Monate wieder arbeitsfähig werden, gelten Sie als erwerbsfähig.

Diese Regelung ist entscheidend für Menschen mit temporären gesundheitlichen Problemen. Wird eine Arbeitsunfähigkeit von länger als sechs Monaten prognostiziert, entfällt zunächst der Anspruch auf Bürgergeld.

2. Bin ich bei einer Schwerbehinderung automatisch nicht erwerbsfähig?

Nein! Eine Schwerbehinderung führt nicht automatisch zum Ausschluss der Erwerbsfähigkeit. Jeder Fall wird individuell geprüft. Entscheidend ist, ob Sie trotz Ihrer Behinderung mindestens drei Stunden täglich arbeiten können.

Allerdings kann eine Schwerbehinderung ein wichtiger Anhaltspunkt für eine genauere Prüfung Ihrer Erwerbsfähigkeit sein.

3. Was passiert mit „Arbeitsmarktrenten“-Empfängern?

Menschen, die eine sogenannte Arbeitsmarktrente erhalten, sind im Bürgergeld-System erwerbsfähig. Diese Personen können zwischen drei und sechs Stunden täglich arbeiten, gelten aber auf dem regulären Arbeitsmarkt als schwer vermittelbar.

Im Bürgergeld-System ist die Verschlossenheit des Arbeitsmarktes jedoch irrelevant für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit. Die Arbeitsmarktrente wird dann auf das Bürgergeld angerechnet.

4. Wie wirken sich Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) aus?

Hier gibt es klare Regelungen:

Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich: Menschen in diesen Bereichen gelten als voll erwerbsgemindert, aber nicht dauerhaft. Sie sind daher grundsätzlich im Bürgergeld-System leistungsberechtigt.

Arbeitsbereich einer WfbM: Seit 2019 sind diese Personen nicht mehr im SGB II leistungsberechtigt. Sie erhalten stattdessen Leistungen nach dem SGB XII.

5. Welche Anhaltspunkte führen zur Überprüfung der Erwerbsfähigkeit?

Das Jobcenter prüft Ihre Erwerbsfähigkeit genauer, wenn folgende Situationen vorliegen:

  • Länger andauernde Arbeitsunfähigkeit (mehr als drei Monate in sechs Monaten)
  • Ablehnung von Erwerbsminderungsrenten trotz gesundheitlicher Probleme
  • Andauernder Bezug von Krankengeld oder Verletztengeld
  • Mitteilung der Krankenkasse über fehlende Erwerbsfähigkeit
  • Beschäftigungsaufgabe aus gesundheitlichen Gründen
  • Feststellung einer Schwerbehinderung

Besondere Regelungen für Ausländer

Bei ausländischen Staatsangehörigen gelten zusätzliche Bestimmungen. Die Erwerbsfähigkeit wird nur dann anerkannt, wenn die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte.

EU-Bürger: Uneingeschränkte Erwerbsfähigkeit

EU-Bürger und EWR-Staatsangehörige haben aufgrund der Arbeitnehmerfreizügigkeit uneingeschränkten Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt. Ihre rechtliche Erwerbsfähigkeit bleibt auch dann bestehen, wenn aktuell kein Freizügigkeitsrecht vorliegt.

Drittstaatsangehörige: Komplexere Regelungen

Bei Menschen aus Nicht-EU-Ländern muss der Aufenthaltstitel eine Beschäftigung erlauben oder zumindest die theoretische Möglichkeit dazu bieten. Bereits ein nachrangiger Arbeitsmarktzugang (mit Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit) reicht aus.

Praktische Auswirkungen und Handlungsempfehlungen

Wenn Zweifel an Ihrer Erwerbsfähigkeit bestehen

Das Jobcenter kann ein Verfahren nach § 44a SGB II einleiten, um Ihre Erwerbsfähigkeit zu klären. Dabei werden medizinische Gutachten erstellt und Ihre individuelle Leistungsfähigkeit bewertet.

Wichtiger Tipp: Sammeln Sie alle relevanten medizinischen Unterlagen und dokumentieren Sie Ihre gesundheitlichen Einschränkungen sorgfältig.

Ihre Rechte und Pflichten

Als erwerbsfähige Person haben Sie nicht nur Anspruch auf Bürgergeld, sondern auch Mitwirkungspflichten. Dazu gehören:

  • Teilnahme an Beratungsgesprächen
  • Bewerbungsaktivitäten
  • Teilnahme an Fördermaßnahmen
  • Annahme zumutbarer Arbeit

Strategien für den Umgang mit dem Jobcenter

  1. Kommunizieren Sie offen über Ihre gesundheitlichen Einschränkungen
  2. Dokumentieren Sie alles schriftlich
  3. Holen Sie sich professionelle Beratung bei Sozialverbänden
  4. Bereiten Sie sich auf Termine vor und bringen Sie alle Unterlagen mit
  5. Kennen Sie Ihre Rechte und scheuen Sie sich nicht, diese einzufordern

Die Zukunft der Erwerbsfähigkeitsprüfung

Das Bürgergeld-System entwickelt sich stetig weiter. Aktuelle Diskussionen drehen sich um eine stärkere Individualisierung der Erwerbsfähigkeitsprüfung und eine bessere Integration von Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen.

Experten prognostizieren, dass die Prüfung der Erwerbsfähigkeit in Zukunft ganzheitlicher erfolgen wird – unter Berücksichtigung nicht nur der reinen Arbeitsfähigkeit, sondern auch der individuellen Lebensumstände.

Fazit: Ihre Erwerbsfähigkeit als Schlüssel zum Bürgergeld

Die Erwerbsfähigkeit ist das zentrale Kriterium für Ihren Bürgergeld-Anspruch. Bereits die Fähigkeit zur dreistündigen täglichen Arbeit reicht aus, um als erwerbsfähig zu gelten. Wichtig ist dabei die individuelle Betrachtung Ihres Falls.

Lassen Sie sich nicht von komplexen Regelungen abschrecken. Wenn Sie unsicher sind, ob Sie erwerbsfähig sind, sollten Sie sich professionelle Beratung holen. Ihre finanzielle Absicherung ist zu wichtig, um sie dem Zufall zu überlassen.

Denken Sie daran: Das Bürgergeld-System soll Menschen unterstützen, nicht ausgrenzen. Mit dem richtigen Wissen und der entsprechenden Vorbereitung können Sie Ihre Ansprüche erfolgreich geltend machen.


Sollten Sie noch Fragen oder Probleme mit dem Jobcenter haben, dann können Sie sich jederzeit bei uns melden:

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