Grundsicherung statt Bürgergeld: 11 Fakten, 7 Folgen – und 5 smarte Schritte, die du jetzt gehen solltest
Einleitung
Die Bundesregierung plant, das „Bürgergeld“ in „Grundsicherung für Arbeitsuchende“ umzubenennen – und gleichzeitig Regeln spürbar zu verschärfen. Ziel: schneller in Arbeit, mehr Verbindlichkeit, weniger Bürokratie. Doch was heißt das für Betroffene, Arbeitgeber und Beratende konkret? Dieser Leitfaden liefert dir die wichtigsten Änderungen, ordnet sie ein und zeigt sofort umsetzbare Schritte, damit du handlungsfähig bleibst. Stand: 22. Oktober 2025; die Reform befindet sich im Gesetzgebungsverfahren (Referentenentwurf vom 16.10.2025).
Was sich ändert – kompakt & verständlich
1) Neuer Name, neue Akzente
Aus „Bürgergeld“ wird Grundsicherung. Hinter der Umbenennung steckt mehr Verbindlichkeit im Integrationsprozess: Vermittlung in Arbeit erhält Priorität; Qualifizierung bleibt möglich, wenn sie dauerhaft hilft.
2) Einheitliche Sanktionen bei Pflichtverletzung
Statt der bisherigen Staffelung gilt künftig: 30 % Minderung für 3 Monate – mit gesetzlich festgehaltenen Schutzmechanismen (wichtiger Grund, Nachholung, Härtefallprüfung, persönliche Anhörung).
3) Strengere Regeln bei Meldeversäumnissen
Wer wiederholt nicht zum Termin erscheint, muss mit 30 % Kürzung für 1 Monat rechnen. Bei hartnäckigen Versäumnissen greift ein Leistungsentzug: Nach drei verpassten Jobcenter-Terminen wird der Regelbedarf vorerst entzogen; Miete/Heizung sollen direkt an den Vermieter fließen. Meldest du dich innerhalb eines Monats zurück, lebt die (gekürzte) Leistung wieder auf – sonst vollständiger Entfall.
4) Arbeitsverweigerung
Lehnst du eine zumutbare Arbeit ab, kann der Regelbedarf mindestens 1 Monat entfallen – ohne dass zuvor eine „Vorpflichtverletzung“ nötig ist. Auch hier: KdU-Zahlungen an Vermieter.
5) Vermögen: Karenz weg, Freibeträge nach Alter
Die Vermögens-Karenz entfällt. Künftig gelten altersgestaffelte Freibeträge (z. B. 10.000 € ab 21 Jahren, 15.000 € ab 51 Jahren). Selbstgenutztes Wohneigentum bleibt in der KdU-Karenzzeit privilegiert.
6) Wohnen: Deckel auch in der Karenzzeit
Überhöhte Unterkunftskosten werden künftig auch in der Karenzzeit gedeckelt – u. a. mit einer Obergrenze bis 1,5-fach der örtlichen Angemessenheit sowie der Berücksichtigung der Mietpreisbremse. Die Angemessenheit wird für den gesamten Bewilligungszeitraum geprüft.
7) Verwaltungsakt statt Papierkrieg
Der Kooperationsplan kann bei stockender Mitwirkung per Verwaltungsakt verbindlich gemacht werden (Eigenbemühungen, Maßnahme, Arbeitsaufnahme, Sprach-/Integrationskurs). Das soll Verfahren beschleunigen und Rechtssicherheit erhöhen.
8) Schutz bei psychischen Erkrankungen
Bei wiederholten Pflichtverletzungen oder Meldeversäumnissen soll die Anhörung persönlich erfolgen; psychische Erkrankungen gelten ausdrücklich als schutzwürdiger Umstand.
9) Schwarzarbeit & Mindestlohn
Jobcenter müssen Hinweise auf Schwarzarbeit oder Mindestlohn-Verstöße an den Zoll weitergeben – für mehr Fairness und Rechtsklarheit.
10) Warum das Thema Millionen betrifft
Im September 2025 hatten 3,854 Mio. erwerbsfähige Leistungsberechtigte Ansprüche in der Grundsicherung; insgesamt lebten 5,259 Mio. Personen in 2,846 Mio. Bedarfsgemeinschaften. Die Größenordnung zeigt: Die Reform hat breite Wirkung – auch auf Kommunen und Arbeitgeber.
11) Kein „Systembruch“, aber klare Akzentverschiebung
Forschende des IAB sprechen von „Neujustierung statt Systemwechsel“: Mehr Verbindlichkeit und Sanktionen, aber weiterhin Bedeutung von Qualifizierung für nachhaltige Integration.
FAQ: Häufige Fragen – präzise Antworten
Ab wann gilt das?
Noch ist nichts beschlossen. Der Entwurf muss durch Bundestag und Bundesrat. Bis zur Verkündung bleiben die aktuellen Regeln maßgeblich.
Was bedeutet „wiederholtes Meldeversäumnis“ genau?
Wenn seit dem ersten versäumten Termin der Leistungsbezug nicht unterbrochen war: Dann greift die 30 %-Kürzung für 1 Monat. Bei drei versäumten Terminen in Folge folgt der Entzug des Regelbedarfs mit KdU-Direktzahlung – meldest du dich innerhalb eines Monats nicht persönlich, entfällt der Anspruch insgesamt.
Wie hoch sind die neuen Vermögensfreibeträge?
Sie sind altersgestaffelt (z. B. 10.000 € ab 21 Jahren, 12.500 € ab 41, 15.000 € ab 51). Die bisherige Vermögens-Karenz fällt weg. Details folgen mit dem Gesetzestext.
Gilt der Miet-„Deckel“ wirklich schon in der Karenzzeit?
Ja, vorgesehen ist eine Deckelung bis 1,5-fach der örtlichen Angemessenheitsgrenze auch in der Karenzzeit; zudem zählt die Mietpreisbremse. Prüfe also Neu- oder Umzugskosten frühzeitig mit dem Jobcenter.
Ist das noch das Bürgergeld?
Der Name ändert sich, die Idee einer nachhaltigen Integration (Qualifizierung, Coaching) bleibt. Gleichzeitig werden Pflichten und Konsequenzen geschärft. Forschende sehen keinen radikalen Systemwechsel, aber eine klare Akzentverschiebung.
7 Folgen, die du kennen solltest
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Mehr Tempo in der Vermittlung: schnellere Zuweisungen, engmaschige Termine.
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Höheres Risiko für Kürzungen: 30 % pauschal bei Pflichtverletzung, strenge Folge bei No-Shows.
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Wohnen unter Beobachtung: Obergrenzen ziehen früher; plane Umzüge mit Zustimmung.
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Klare Dokumentationspflicht: Nachweise zu Bewerbungen/Terminen gewinnen an Gewicht.
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Psychische Gesundheit im Fokus: persönliche Anhörung als Schutzmechanismus.
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Mehr Rechtssicherheit: Verwaltungsakt reduziert „Papier-Pingpong“.
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Hoher Reichweiten-Effekt: Millionen Haushalte betroffen – Beratungskapazitäten einplanen.
5 sofort umsetzbare Schritte (für Leistungsberechtigte & Beratende)
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Termin-Treue priorisieren: Setze Erinnerungen, reagiere schriftlich bei Verhinderung (Attest, Belege).
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Bewerbungs-Ordner führen: Bewerbungen, Rückmeldungen, Absagen sauber ablegen – digital plus Papier.
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Mietkosten checken: Fordere eine Angemessenheitsauskunft an, prüfe Mietpreisbremse & qm-Grenzen. Vermögensstatus prüfen: Alter, Freibetrag, Besonderheiten (Selbstnutzung Wohneigentum) klar dokumentieren.
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Kooperationsplan strategisch nutzen: Ziele realistisch formulieren; bei Unklarheit rechtzeitig Beratung in Anspruch nehmen.
Bleib informiert – und handlungsfähig
Die geplante Grundsicherung bringt klare Regeln, schnellere Verfahren und stärkere Konsequenzen. Für viele bedeutet das: besser vorbereitet sein, Termine halten und frühzeitig abstimmen, vor allem zu Wohnen und Vermögen. Wer das beherzigt, behält die Kontrolle – und nutzt Chancen auf Qualifizierung und Integration in Arbeit. Verfolge die Entwicklung, denn erst mit Beschluss steht fest, ab wann die neuen Regeln gelten.
Wir stehen weiterhin auf der Seite der Betroffenen! Schickt uns gern eure Bescheide von Jobcenter zur Prüfung zu. Hierbei entstehen keine Kosten!

