Mietkosten für das Jahr 2021 & 2022 von Jobcenter / Sozialamt
Übernahme der gesamten Mietkosten von Jobcenter/ Sozialamt für das Jahr 2021 und 2022 einfordern
Wurden in den Jahren 2021 und 2022 die Unterkunfts- oder Heizkosten nicht in tatsächlicher Höhe von Jobcenter bzw. Sozialamt anerkannt, dann kann man bis zum 31.12.2022 noch für die Zeit ab dem 01.01.2021 bis heute die Mietkosten nachfordern.
Überprüfungsantrag bis zum 31.12.2022
Bis zum 31.12.2022 kann jeder Überprüfungsanträge für die Bescheide stellen, die den Zeitraum ab dem 01.01.2021 bis heute betreffen, um rückwirkend die Mietkosten (Kaltmiete, Neben- und Heizkosten) in ganzer Höhe zu sichern.
Das betrifft Menschen aus dem SGB II/SGB XII und nach dem AsylbLG.
Vereinfachtes Verfahren wegen Corona
Im Rahmen des Sozialschutz-Pakets „Vereinfachtes Verfahren für den Zugang zu sozialer Sicherung aufgrund der COVID-19-Pandemie“ wird in § 67 Abs. 3 SGB II/§ 141 Abs. 3 SGB XII bestimmt, dass alle Unterkunfts- und Heizkosten nach § 22 Abs. 1 SGB II / § 35 Abs. 1 SGB XII und § 42a Abs. 1 SGB XII unabhängig von ihrer Höhe als angemessen gelten.
Zeitraum zwischen 01.03.2020 – 31.12.2022
Diese Regelung gilt für alle Bewilligungszeiträume die zwischen März 2020 und Dez. 2022 beginnen (§ 67 Abs. 1 SGB II/§ 141 Abs. 1 SGB XII II iVm § 1 VZVV). Diese gesetzliche Bestimmung heißt »Angemessenheitsfiktion« und trifft für das ALG II, für die Sozialhilfe, und sog. Analogleistungsberechtigte nach dem AsylbLG (Geflüchtete, die länger als 18 Monate in Deutschland sind), zu.
Flüchtlinge aus der Ukraine
Die Flüchtlinge aus der Ukraine fallen seit dem 01.06.2022 unter die Regelungen nach dem SGB II.
Zweck der Neuregelungen
Gesetzeszweck dieser Schutzregeln ist, dass sich SGB II- und SGB XII – Leistungsbezieher in der Zeit der Pandemie „nicht auch noch um ihren Wohnraum sorgen müssen“ (vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drs 19/18107, S 25).
Ursache zwischen Hilfebedürftigkeit u. epidemischer Lage nicht erforderlich
Ein direkter Ursachenzusammenhang zwischen dem Eintritt der Hilfebedürftigkeit und der epidemischen Lage ist nicht erforderlich. Die Angemessenheitsfiktion ist nicht nur auf Erst- oder Neuanträge begrenzt, sondern erfasst alle Unterkunftskosten für Bewilligungsabschnitte, die in dem Zeitraum 01.03.2020 bis 31.12.2022 begonnen haben, bzw. noch beginnen werden. Dies auch dann, wenn weder die Hilfebedürftigkeit, noch der Umzug direkt auf die Corona-Pandemie zurückzuführen sind (LSG Bayern 28.7.2021 – L 16 AS 311/21 B ER; LSG NRW 13.9.2021 – L 19 AS 1295/21 B ER; LSG Schleswig-Holstein 11.11.2020 – L 6 AS 153/20 B ER; LSG Niedersachsen-Bremen 29.9.2020 – L 11 AS 508/20 B ER; LSG Sachsen- Anhalt 7.3.2022 – L 4 AS 40/22 B ER; Hessisches LSG 21.2.2022 – L 6 AS 585/21 B ER).
Was gilt bei Bestandsfällen?
Die Fiktionswirkung betrifft auch alle Leistungsbeziehende („Bestandsfälle“), die im genannten Zeitraum einen neuen Mietvertrag über eine neue Wohnung bzw. Unterkunft eingegangen sind, auch wenn diese als „unangemessen“ gilt (§ 67 Abs. 3 S. 1 SGB II/§ 141 Abs. 3 S. 1 SGB XII).
In diesem Fall gilt die Fiktionswirkung bis zum Ende des Bewilligungszeitraums (LSG Niedersachen-Bremen 29.9.2020 – L 11 AS 508/20 B ER). Wenn danach ein neuer Bewilligungszeitraum beginnt, wirkt sie wiederholt fort.
Nachzahlung aus Neben- u. Heizkosten
Die Fiktionswirkung trifft auch bei einer hohen Nachzahlung an Betriebskosten oder Heizung ein.
Ausnahme!
Die »Angemessenheitsfiktion« findet allerdings nach § 67 Abs. 3 S. 3 SGB II/§ 141 Abs. 3 S. 3 SGB XII keine Anwendung, wenn im vorangehenden Bewilligungszeitraum (also vor März 2020) die Unterkunfts- und Heizkosten schon wegen „Unangemessenheit“ tatsächlich abgesenkt wurden.
Kürzung der Unterkunfts- und Heizkosten wegen Unangemessenheit bei Neuanmietung
Wurde nach dem 01.03.2020 eine Wohnung angemietet und das Jobcenter/Sozialamt hat nicht die tatsächlichen Unterkunfts- und Heizkosten anerkannt und wurden seitdem die Unterkunfts- und Heizkosten wegen Unangemessenheit nach § 22 Abs. 1 SGB II/ §35 Abs. 1 SGB XII und § 42a Abs. 1 SGB XII begrenzt, dann war diese Begrenzung rechtswidrig und kann für den Zeitraum ab 01.01.2021 durch einen Überprüfungsantrag angegriffen werden.
Kürzung der Unterkunfts- und Heizkosten wegen fehlender Umzugserfordernis
Wurde nach dem 01.03.2020 eine Kürzung der Unterkunftskosten auf die bisherigen Kosten, wegen fehlender Umzugserfordernis nach § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II durchgeführt, dann war das sehr wahrscheinlich rechtswidrig und kann durch einen Überprüfungsantrag für den Zeitraum ab 01.01.2021 bis Gegenwart angegriffen werden.
Nachzahlung von Betriebs- und Heizkostenabrechnungen
Wurde seit dem 01.03.2020 eine Betriebs- und Heizkostenabrechnung bei Jobcenter oder Sozialamt eingereicht und wurde die Übernahme wegen Unangemessenheit abgelehnt und gab es vorher keine wirksam gewordene Kostensenkungsaufforderung, dann war die Ablehnung rechtswidrig und sollte durch einen Überprüfungsantrag für den Zeitraum ab 01.01.2021 bis Gegenwart angegriffen werden.
Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass viele Jobcenter bzw. Sozialämter die Mietkosten bzw. Nachzahlung der Neben- und Heizkosten zunächst ablehnen. Erst wenn ein Anwalt sich dazu äußert, werden einige Anträge schon im Vorfeld bewilligt.
Sollte das Jobcenter bzw. Sozialamt Ihren Antrag auf Überprüfung ablehnen, dann senden Sie uns die Ablehnungsbescheide per eMail zu. Wir prüfen alle Bescheide kostenfrei und würden uns dann bei Ihnen melden.